In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Acetylengas erfunden (Friedrich Wöhler und Justus Liebig 1862 ) das einen grundlegenden Wandel im Bergmannsgeleucht herbeiführte. Dem Bergmann verhalf das um ein vielfaches hellere Licht zu besseren Arbeits- und Sichtbedingungen. Dennoch vergingen bis zur Einführung von der erstmaligen Herstellung des Acetylengases bis zur Einführung der Karbidlampe 30 Jahre.
Obwohl die Karbidlampe in ihrer chemischen Reaktion sehr umweltfreundlich ist braucht man für die Herstellung des Calciumkarbids einen sehr hohen Energieaufwand. Diese in verschiedener Körnung vorhandene chemische Verbindung liefert den Energieträger, die Rohstoffbasis für die Karbidlampe.
Wer mit Höhlenforschung oder älterem Bergbau in Kontakt kommt, kennt früher oder später auch heute noch die Karbidlampe. Es ist die letzte Bastion, in welcher sich das fossile Acetylen-Beleuchtungssystem halten kann, mit gutem Grund:
• In der Höhle ist die offene Flamme gefahrlos einsetzbar da keine entzündlichen Grubengase existieren
• Starke Winde, welche die Flamme ausblasen sind sehr selten
Die Vorteile der Acetylenbeleuchtung kommen daher weitgehend zum Tragen:
• Starke Dauerlichtquelle
• Grosser Abstrahlwinkel, beleuchtet das ganze Gesichtsfeld des Benutzers (keine eingeschränkte Lichtkegelausleuchtung)
• Robustheit gegenüber Erschütterungen und mechanischen Einwirkungen
• Funktioniert auch bei defektem Brenner eingeschränkt weiter
• Im Notfall kann die Flamme auch als Wärmequelle benutzt werden.
Warum gibt die Karbidlampe so helles Licht ?
In die Karbidlampe füllen wir sinngemäss Karbid, die Flamme entsteht aber durch Verbrennen von Acetylengas.
Acetylen entsteht aus der chemischen Reaktion des Calciumkarbids, einer Calcium- Kohlenstoffverbindung mit Wasser wo Acetylen und als Abfallprodukt gelöschter Kalk entsteht:
CaC2 + 2 H2O = H-C ≡ C-H + Ca(OH)2
Karbid + Wasser = Acetylen + gelöschter Kalk
Das Acetylengas gelangt z.B. durch einen Schlauch zum Helm und in den Brenner. An der Düse wird Acetylen mit Luft gemischt und verbrannt.
H-C ≡ C-H + O2 = 2 CO2 + H2O DH= -1255 KJ/mol (Verbrennungswärme)
Acetylen + Sauerstoff aus der Luft = Kohlendioxid + Wasser
Als Vergleich dazu die Verbrennung von Erdgas:
H H
⎥⎥
H-C-C-H + O2 = 2 CO2 + 3 H2O DH= -1420 KJ/mol (Verbrennungswärme)
⎥⎥
H H
Aethan + Sauerstoff aus der Luft = Kohlendioxid + 3 x Wasser
z.B. im Erdgas
Der Vergleich zeigt: Erdgas wäre sogar energiereicher als Acetylen, die Acetylenflamme wird aber heisser, weil bei der Verbrennung weniger Wasser entsteht.
An der Düse brennt zunächst das Acetylen am Flammenanfang unvollständig. Der entstehende Russ wird durch die enorme Hitze glühend und verbrennt bis zum Flammenrand weitgehend. Dies ergibt das starke, helle Licht.
Was bedeuten die Angaben der Düsen ?
Heute gibt es leider nur noch eine eingeschränkte Auswahl an Düsenmodellen und Grössen. Die gebräuchlichsten Grössen sind:
7 Liter für Kleinstlampen
14 Liter / 21 Liter für normale Karbidlampen.
Die Angaben definieren den Acetylenverbrauch in Liter pro Stunde bei einem Druck von 7cm Wassersäule.
Aus 1 kg. Karbid entstehen nach Herstellerangaben 300 Liter Acetylen. 1kg Karbid ergibt demnach bei richtigem Betrieb einer 14 Literdüse 21 Stunden Licht.
Wie viel Licht geben elektrische Lampen im Vergleich zu Karbidlampen ?
Messungen haben ergeben dass die Flamme einer 14 Liter-Düse sowohl in der Lichtfarbe als auch in der Helligkeit einer 25 Watt-Glühlampe entspricht.
Heute kommen in Akkulampen kaum mehr normale Glühlampen zur Anwendung, da der Wirkungsgrad zu gering ist.
Normale Glühlampe : 3% Gelbes Raumlicht, gut fokussierbar
Halogenlampe: 4% Weisses Licht, gut fokussierbar
Fluoreszenzlampen: 15% Grünweisses Licht, nur Streulicht
Superhelle LED: 15% Blauweisses Licht, bedingt fokussierbar
Heute ist die Lichtleistung einer 14 Liter-Düse erreichbar mit 5 Watt LED. Das heisst, eine Tagestour von 10-12 Stunden mit vergleichbarem Licht ist mit einer LED Lampe und einem Akku (z.B. FX5) von 2 kg Gewicht bereits möglich.
Woher kommt das Karbid ?
Dass Karbid kein Naturprodukt ist, das bergmännisch abgebaut wird, ist bereits den meisten Benutzern klar.
Karbid (Calciumkarbid) wird dort hergestellt wo sehr viel Strom produziert wird und wenige Abnehmer vorhanden sind. Früher wurde im Wallis die Stromüberproduktion dazu benutzt, Karbid und Aluminium herzustellen. Heute wird Karbid z.B. in Schweden hergestellt. Ausgangsmaterialien sind: Kalkstein und Kohle.
Das insbesondere im Jura in Hülle und Fülle vorhandene Ausgangsmaterial Kalkstein (Calciumkarbonat) wird in Schachtöfen gemeinsam mit Koks bei ca. 1000 Grad Celsius gebrannt. Es entsteht gebrannter Kalk, chemische Formel CaO
Industriell wird nun in mit Kohleblöcken ausgekleideten eisernen Öfen ein Gemenge von gebranntem Kalk und Koks im Lichtbogen niedergeschmolzen. Die bei 2000°-3000°C entstehende Karbidschmelze wirkt als Lösungsmittel für Kalk und Kohle. Unter ständiger Beigabe von neuem Gemisch werden die Kohlenstäbe gehoben, so dass der Strom nur noch durch die Schmelze hindurch geht und deren Temperatur durch die Widerstandswärme aufrechterhalten wird. Der Energieverbrauch beträgt ca. 190 kWh pro Tonne Karbid.
Von Zeit zu Zeit wird das flüssige Karbid abgestochen und kommt erstarrt in grober Zerkleinerung als 90% Produkt in den Handel.
CaO + 3 C = CaC2 +CO
Gebrannter Kalk + Kohle = Karbid +Kohlenmonoxid
Was ist entstanden wenn die Lampe aus ist ?
Wie wir schon vorher gesehen haben entsteht aus dem Karbid Acetylen, welches wir zu CO2 verbrennen und, als Rest, gelöschtem Kalk (Calciumhydroxid).
Offen gelagert reagiert dieser gelöschte Kalk weiter mit dem CO2 aus der Luft zu Kalkstein (Calciumcarbonat).
Ca(OH)2+ CO2= CaCO3+H2O
gelöschter Kalk +Kohlendioxid = Kalkstein +Wasser
So weit so gut. Am Schluss sind wir wieder beim Kalkstein angekommen.
Leider stimmt das nicht ganz genau.
Die Kohle zur Herstellung von Karbid enthält nicht nur Kohlenstoff sondern je nach Qualität einige andere Verbindungen wie Schwefel, Phosphor, Metalle und anderes. Die hohen Temperaturen der Karbidschmelze bewirken auch, dass Luftstickstoff mitreagiert und Kalkstickstoff entsteht. Der üble Geruch des Gases stammt von diesen teilweise giftigen Verunreinigungen. Der Ammoniakgeruch stammt vom zersetzten Kalkstickstoff. Das Zwischenprodukt, der gelöschte Kalk, ist in Wasser gelöst eine Lauge, welche als Desinfektionsmittel eingesetzt werden kann.
Karbidreste sind ein sehr unästhetischer Anblick, auf peinliche Sauberkeit ist daher beim Karbidwechseln geboten.
Die Reste aus der Lampe sind zwar nicht hochgiftig, aber bei der Entsorgung ist trotzdem Vorsicht geboten. Der Staub reizt Haut und Schleimhäute. Karbidreste dürfen nicht ins Wasser gelangen, um Mikroorganismen nicht zu gefährden.
Im Idealfall entsorgen wir die Reste in einer geordneten Deponie, wo Luft, aber kein Wasser dazu gelangen kann. Nach ein paar Jahren werden die Reste dann zu Stein und die giftigen Stoffe sind fest darin eingeschlossen, ein Verfahren, welches uns die Natur selber vielfach vormacht.
Regelmäßig führt Bergbauaktiv Ruhr e.V. mit dem Forschungs- und Besucherbergwerk Stock und Scherenberg Grubengeleuchte in Aktion vor und veranschaulicht die Entwicklung dieser in Theorie und Praxis.
Uwe Peise 2013/2021
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