Posted by on 30. August 2021

Harkort ist in Dortmund-Hombruch kein Unbekannter: Hier erinnern an ihn das Harkort-Denkmal und eine Gaststätte an der Harkortstraße sowie die Harkortschule an der Behringstraße.

Friedrich Harkort
Friedrich Harkort

Friedrich Wilhelm Harkort wurde 1793 im Haus Harkorten bei Hagen als sechstes Kind eines wohlhabenden Unternehmers geboren und starb 1880 in Hombruch, wo er nahezu sein halbes Leben verbracht hatte. Früh interessierte er sich für Technik, absolvierte eine Lehre bei einem Wuppertaler Textilfabrikanten und heiratete 1818 dessen einzige Tochter. Nach zwei industriellen Anläufen – er gründete eine Gerberei am Haus Harkorten und betrieb einen Kupferhammer am Deilbach bei Kupferdreh – übertrug er beide Betriebe Verwandten. Ein Jahr später besuchte er wie viele andere England, das dem Kontinent damals technisch weit voraus war, und verpflichtete Hütten-Fachleute. In der Freiheit Wetter erwarb er zusammen mit dem Wuppertaler Kaufmann Heinrich Daniel Kamp das ehemalige Bergamtsgebäude und richtete hier die „Mechanische Werkstätte Harkort & Co“ ein. Die Fabrik stellte vor allem Dampfmaschinen für den Bergbau her. Die erste erhielt bereits 1819 die Zeche Trappe in Silschede bei Gevelsberg. Die Bleche für den Dampfkessel könnten von den angeworbenen Engländern bereits aus Puddelstahl gefertigt worden sein. Der hierfür benötigte Puddelofen – auch Flammofen genannt – war 1784 vom Engländer Henry Cort erfunden worden. In einer Pfanne des Ofens erhitzte Roheisenstücke wurden von einer darüber geleiteten Flamme bestrichen, die den im Roheisen enthaltenen schädlichen Kohlenstoff verbrannte. Diese Reaktion wurde durch Rühren mit einer Eisenstange – puddling – erreicht. Über hundert Jahre wurde auf diese sehr aufwendige Art guter Stahl erzeugt, obwohl es bald mit dem Bessemer- und dem Thomasverfahren effektivere Methoden der Stahlerzeugung gab.

Nach erneuter Englandreise 1826 errichtete Harkort in der Freiheit Wetter einen Hochofen zum Schmelzen von Eisenerz. Das Erz ließ er mit Fuhrwerken unter anderem aus der Emscherniederung bei Castrop anfahren, wo er Raseneisensteinfelder besaß. Außerdem war er an Steinkohlenfeldern interessiert. 1827 hatte er zwei Puddelöfen in Betrieb.

Harkort suchte für seine Stahlerzeugnisse neue Absatzmärkte. Als Transportwege gab es bisher jedoch nur wenige feste Straßen und die Ruhr. So drang er nicht nur auf den Bau neuer Straßen, sondern vor allem von Eisenbahnen wie in England. Bereits 1825 hatte er als Erster in Deutschland zum Bau der „Köln-Mindener Bahn“ aufgerufen. Da der Aufruf verhallte, wiederholte er ihn 1833, nachdem er sich selbst maßgeblich beim Bau von Pferde-Schienenbahnen (Deilbachtalbahn, Silberger Kohlenbahn, Probe-Einschienenhängebahn) beteiligt hatte.
So gründete er 1828 gründete zusammen mit seinem Schwager Karl Ludwig Mohl, Dr. Nikolaus Egen, Dr. med Voß und den Kaufleuten Reichmann und Meyberg die erste deutsche Eisenbahn-Aktiengesellschaft in Preußen. Sie bauten die Prinz-Wilhelm-Eisenbahn, welche am 20.09.1831 eröffnet wurde. Im folgenden Jahr wurde unter seinem Einfluss die Silscheder Kohlenbahn eröffnet. Harkorts zukunftsweisenden Visionen fanden allerdings  wenig Gegenliebe bei Kohlentreibern, Fuhrunternehmern und auch beim preußischen Staat.

Viele technische Neuerungen, wie er sie aus England übernommen hatte, gab er selbstlos an die Konkurrenz weiter. So blieb der wirtschaftliche Misserfolg nicht aus. Die Folgen waren hohe Schulden bei seinem Kompagnon Kamp, die er erst 1864 restlos ablösen konnte, und 1832 der Rückzug aus der gemeinsamen Fabrik in Wetter.

Friedrich Harkort gab jedoch nicht auf. Bereits 1827 hatte er im südwestlichen Teil des staatlichen Domänenwaldes im Hombruch 150 Morgen Land ersteigert, wohl in der Hoffnung, hier sich industriell anzusiedeln zu können und wegen der erwarteten Eisenbahnlinie bessere Verkehrsanbindungen für seine Produkte zu erreichen. Mit Hilfe seiner Brüder erwarb er 1834 die Ölmühle mit „Herrenwiese“ am Grotenbach angrenzend an seinen Grundbesitz im Hombruch. Dieses Gelände lag westlich der späteren Eisenbahnlinie in der Niederung des Grotenbachs zwischen dem heutigem Gewerbegebiet Harkortshof und der Druckerei am Spörkel. Die Ölmühle, die durch ein Wasserrad vom Grotenbach angetrieben wurde, baute er in die „Harkortsche Eisenhütte“ um. Er hatte das Ziel, wie in Wetter Eisenerz zu schmelzen, im Hochofen von Holzkohle auf Koks umzustellen, das Roheisen im Puddelofen zu Stahl zu veredeln und diesen schließlich vor allem zu Blechen für Dampfmaschinenkessel zu walzen. Selbst die für den Koksofen benötigten Kohlen wollte er im unmittelbar an der Hütte zugänglichen Hüttenflöz gewinnen.

Eine 1834 amtlich bestätigte, im Dortmunder Westfälischen Wirtschaftsarchiv aufbewahrte   Versicherungsakte belegt das Vorhandensein aller hierzu notwendigen Anlagen – mit Ausnahme eines  Hochofens. Eine bergamtliche Karte von 1854 mit Einzeichnung der Hüttenanlagen konnte in den heutigen Stadtplan eingepasst werden, sodass ihre Lage trotz heutiger Überbauung bekannt ist.

Die erzeugten Bleche und Gussteile ließ Harkort in einer ihm in der Freiheit Wetter verbliebenen Werkstätte zu Kesseln und Dampfmaschinen montieren. Die fertigen Dampfmaschinen wurden auf der Ruhr zur Werft in Duisburg gebracht und dort in extra auf Kiel gelegte Schiffe eingebaut. 1836 und 1837 überführte Harkort persönlich zwei Dampfschiffe nach Minden bzw. nach London. Wegen ausgebliebener Zahlungen als Folge ungünstiger Verträge musste er jedoch 1838 Konkurs anmelden. Die Harkortsche Eisenhütte lag still.

1847 musste Harkort sogar seinen Grundbesitz im Hombruch der 1849 eröffneten „Bergisch-Märkischen Eisenbahn“ und an Gisbert von Romberg verkaufen, der einen Bahnanschluss für seine Zeche Glückauf Tiefbau brauchte. Harkort selbst konnte die günstige Verkehrslage an der Bahn nicht mehr nutzen. Er musste auch sein erst im Zweiten Weltkriege zerstörtes „Lehmhaus“ an der heutigen Deutsch-Luxemburger- Straße 55 verlassen, zog vorübergehend in die Freiheit Wetter und danach in ein einfaches  Arbeiterwohnhaus an seiner Eisenhütte, deren Grundstück er zusammen mit der Herrenwiese hatte behalten können. In diesem Arbeiterhaus empfing er Friedrich Krupp und eine Lehrerabordnung. Erst nach finanzieller Erholung auch mit Hilfe seiner beiden industriell tätigen Söhne Friedrich Wilhelm und Carl – er hatte mit seiner 1835 bereits verstorbenen Ehefrau außer ihnen noch vier Töchter – baute er nahe seiner Eisenhütte die Villa Harkortshof. Sie erhielt später die Hausnummer Am Spörkel 38 a. Das Haus wurde 1970 abgerissen. Vorhanden ist hier noch das Gärtnerhaus mit Remise Am Spörkel 38 b.

Im heutigen Gewerbegebiet „Harkortshof“ betrieb Harkort in seinen letzten Lebensjahren eine Dampfmühle, eine Brotbäckerei und eine Chamottefabrik. Aus politischer Mensch engagierte er sich sehr früh in der Kommunalverwaltung, war Landtags- und liberaler Reichstagsabgeordneter. In dieser Eigenschaft kümmerte er sich neben den Verkehrsproblemen vor allem um Sozial- und Bildungsfragen der Arbeiter. Zahlreiche Veröffentlichungen zeugen davon. So errichtete er 1877 nahe der Eisenhütte eine Handwerkerschule, heute Wohnhaus Am Spörkel 40. Friedrich Harkort starb am 6.3.1880 im Alter von 87 Jahren und wurde hochgeehrt in der Gruft der Harkortschen Nebenlinie bei Haus Schede, Herdecke, beigesetzt.

Harkorts Fabrik hatte seit 1856 häufig den Besitzer gewechselt – Heuner, Kuntze, Blaß, Daelen – und wurde schließlich 1872 in die „Baroper Maschinenfabrik“ umbenannt. Diese lieferte im großen Stil Dampfmaschinen, Koksausdrückmaschinen, Dampfhämmer, Sortier- und Verladeeinrichtungen für Kohlen und Erz auch ins Ausland. Das veraltete Werk wurde 1928 stillgelegt und 1932 abgebrochen.

Heute kann man über Harkort in Bezug auf Hombruch und Dortmund feststellen, dass er nicht nur als Erster hier Stahl erzeugte, sondern auch die Initialzündung für den industriellen Aufschwung und den Entstehen des heutigen Dortmunder Stadtbezirks Hombruch gewesen ist. Seinem Beispiel folgten andere.

Aber auch als Sozialpolitiker machte er sich einen Namen. So war er Kreistagsabgeordneter, Mitglied des Westfälischen Provinziallandtages, des Norddeutschen Reichstages, Abgeordneter in der konstituierenden preußischen Nationalversammlung und gehörte auch zwischen 1871 und 1874 dem Deutschen Reichstag an. Er galt stets als fortschrittlich-liberal und neben Bildungs- und sozialpolitischer Fragen beschäftigte sich der Unternehmer mit Wirtschafts- und Verkehrspolitik.

Als Reichstagsabgeordneter forderte er für die Arbeiter feste Anstellungen und feste Löhne, sowie eine Gewinnbeteiligung der Arbeiter. Auch wandte er sich gegen Kinderarbeit. Ab 1856 wurden nach seinem Forderungen Unterstützungskassen für Arbeiter und Handwerker eingeführt.

Friedrich Wilhelm Harkort, der als Vater des Ruhrgebiets gilt, starb im Jahre 1880 in Dortmund und wurde in der Familiengruft auf Gut Schede in Herdecke beigesetzt. Er heiratete am 21.09.1818 seine langjährige Verlobte Auguste Luise Mohl, die Tochter seines Lehrherren und hatte mit ihr 6 Kinder. Auguste Louise Harkort starb bereits am 31.12.1836.