Posted by on 4. Februar 2021

Die meisten Lochsteine wurden zu einer Zeit gesetzt, als im Zuständigkeitsbereich des heutigen Landesoberbergamtes Nordrhein-Westfalen noch keine einheitliche Berggesetzgebung herrschte. Daher soll die Themenstellung auf den Raum Sprockhövel eingeschränkt werden.
Hier lag vor mehreren hundert Jahren einer der wichtigsten Ausgangspunkte des Steinkohlenbergbaus, der schließlich im 19. Jahrhundert zum raschen Aufschwung der Städte des Ruhrgebietes führte. Daneben wurde im letzten Jahrhundert in geringem Umfang Eisenstein abgebaut. Beide Bergbauzweige sind längst eingestellt; zu ihren noch heute sichtbaren Relikten zählen neben erhaltenen Tagesanlagen auch einige Lochsteine.

In diesem Zusammenhang wäre es begüßenswert die letzten noch verbliebenen Lochsteine als Denkmäler wirksam zu schützen und damit für die Nachwelt als sichtbare Zeugen des landschaftsprägenden Bergbaus erhalten zu bleiben.

Von deren ehemals großer Anzahl sind allerdings nur wenige über den alten Bergwerksfeldern erhalten geblieben. Die meisten fielen der mit der Aufgabe der letzten Zechen südlich der Ruhr angewachsenen Nachfrage nach ber baulichen Antiquitäten zum Opfer. So sind heute wohl mehr Lochsteine in Vorgärten, Kleingartenvereinen und Partykellem zu finden als an ihren ursprünglichen Standorten.

Lochstein des Bergwerkes Stock und Scherenberg in Sprockhövel
Lochstein von Anna und Sybilla (Herbede Vormholz)
Lochstein von dem Bergwerk Windmühle 1786

Nutzbare Lagerstätten mineralischer Rohstoffe erstrecken sich vielfach über größere Flächen. Sobald nun aber mehrere Unternehmer dasselbe Vorkommen abbauen wollen, wird eine Aufteilung der Lagerstätte und damit die Festlegung von Grenzen (Markscheiden) zwischen den einzelnen Grubenfeldern erforderlich.
Hier im Ruhrbergbau setzte Bergmeister (1632-1649) Diederich von Diest auch durch, daß das Bergwerkseigentum in genau festgelegten Grenzen verliehen, exakt vermessen und mittels Lochsteinen über Tage sichtbar gemacht wurde. Die Vorbilder dafür fand er im Harzer und sächsischen Bergbau, die zu dieser Zeit technisch an der Spitze standen, später jedoch der Entwicklung des Reviers eher hinderlich waren.

Vor der Einführung von flächendeckender trigonometrischer Punktnetze im Rahmen der topographischen Landesaufnahme war die langfristige Auffindbarkeit bestimmter Punkte oder Grenzen im Gelände nur durch eine möglichst dauerhafte Vermarkung (Markierung) auf oder in der Nähe der Punkte möglich. Dies galt im besonderen Maße für Markscheiden (Grenzen der Bergwerke). Diese haben im Gegensatz zu Grundstücks- oder Landesgrenzen, deren Verlauf oft an markanten topographischen Elementen, bzw. Nutzungsartenwechseln sichtbar ist, keinen Bezug zur Geländesituation.
Um die Grenzziehung dennoch für alle Beteiligten und Betroffenen des Bergbaus gleichermaßen sichtbar zu machen, erfolgte sie nicht nur in den Grubenbauen, sondern auch an der Tagesoberfläche. Die verwendeten Markierungssteine wurden als Lochsteine bezeichnet.
Wie aus der Auffassung des Begriffes der Vermessung in älteren Werken zum Bergrecht deutlich wird, war bis ins 19. Jahrhundert die Feststellung der Abbauberechtigungen anhand der Lochsteine (z.B. „Fällen eines Lochsteines“) eine wesentliche Vermessungsaufgabe des Markscheiders.

Nachdem man anfänglich markierte Feldsteine genutzt hatte, wurden später mehr oder weniger bearbeitete Werksteine unterschiedlicher Größe verwendet, die man sichtbar im Gelände aufstellte. Inschriften wiesen auf das entsprechende Bergwerksfeld, den Abstand zu den jeweiligen Feldesgrenzen oder auf den Zeitpunkt der Verlochsteinung hin. Häufig waren Schlägel und Eisen als gängiges Bergbausymbol eingemeißelt [41]. Bereits früh war es üblich, unter oder neben dem Lochstein verdeckte Zeugen zu setzen [23, S. 265].
Aufschluß über die Beschaffenheit der Mitte des letzten Jahrhunderts im Bereich des Oberbergamtes Dortmund gesetzten Lochsteine gibt eine Dienstinstruction für Revierbeamte vom 01.03.1866, in der es heißt:
„Jeder Lochstein kommt so zu stehen, dass er diejenige Seite, welche die Anfangsbuchstaben des Grubennamens und die Jahreszahl nebst Schlägel und Eisen eingehauen enthält, dem Grubenfelde zukehrt, während die Ebene dieser Schriftseite in die Richtung der nächstfolgenden Vermessungslinie hineinweist. [6 S.78].

Zum instructionsgemäßen Lochstein gehörten außerdem 4 Testes (Zeugen = mit Schlägel und Eisen bezeichnete kleinere Steine), die unter Pflugtiefe über Kreuz neben dem Lochstein vergraben wurden. Unter Testes und Lochstein sollten unverwesliche weitere Zeugen (z.B. Ziegelbrocken, Glasscherben) gelegt werden, um zusätzliche Anhaltspunkte zur Wiederherstellung eines verlorenen Lochsteines zu erhalten.

Für den Ursprung der Bezeichnung „Lochstein“ gibt es mehrere Erklärungsmöglichkeiten. Naheliegend ist die Bezugnahme auf das horizontale, durchgängige Loch, das einige derartige Steine in der Umgebung von Sprockhövel aufweisen. Allerdings – und das widerlegt diese Auffassung – gibt es auch zahlreiche Lochsteine ohne Loch. Zudem ist von einem Loch weder in der Dienstinstruction noch in älteren bergbaulichen Fachbüchern die Rede.

Weitere verbreitete Bezeichnungen für die Lochsteine, wie Gräntzstein, Rämstein, Reinigungsstein oder Schnurstein [42, S. 9] weisen ebenfalls darauf hin, daß das Loch wohl nicht namensgebend war. So liegt die Vermutung nahe, daß die horizontal durchbohrten Lochsteine auf grund ihres überkommenen Namens mit einem durchgängigen Loch gefertigt worden sind, zumal dessen praktischer Nutzen zweifelhaft ist.
Zutreffender erscheint daher die etymologische Deutung des Begriffes. Ein Lochstein ist demnach ein mit einem Zeichen versehener Stein, von lochen, lachen = ein Zeichen einhauen [41, S. 328]. So werden auch heute noch in Südbaden vielerorts Grenzsteine als „Loochen“ bezeichnet [35, S36].
Eine dritte Erklärungsvanante führt die Bezeichnung Lochstein auf eine Bohrung inmitten des auf vielen Steinen aufgebrachten Markierungskreuzes zurück [36].
Hierzu gehören auch die Lochsteine, die ein größeres vertikales Loch aufweisen, das wohl zur Aufnahme eines Flucht- oder Zielstabes diente.

Die vor der Verordnung des Allgemeinen Berggesetzes (ABG) gesetzten Lochsteine gaben nicht den Verlauf der Markscheide direkt wieder, wie man analog zur Grundstücksvermarkung vermuten könnte.
Bei den damals üblichen Längenfeldern, die sich dem Verlauf der Lagerstätte anpaßten, konnten die tatsächlichen Feldesgrenzen erst nach vollständigem Aufschluß der verliehenen Lagerstätte ermittelt werden. Daher wurden nur bestimmte Punkte verlochsteint (z.B. Kopfmarkscheiden), die aufgrund festgelegter Maße, wie z.B, Vierung oder Streichrichtung, Aufschluß über die Begrenzungen des Grubenfeldes lieferten.
Vielfach genügte ein einziger Stein zur Darstellung der Grenzverhältnisse eines Längenfeldes [33, S. 12].
Die Lochsteine hatten gewissermaßen die Funktion von Festpunkten lokaler Vermessungssysteme, da es ja übergeordnete Netze zur Einbindung nicht gab. Die Bedeutung als Basisfestpunkt wird in einem Lehrbuch der Markscheidekunde aus dem Jahr 1900 deutlich, wo als Lochsteine diejenigen Festpunkte einer Grube bezeichnet werden, die als Anschluß im Landesnetz koordiniert sind [40, S. 23].
Die ursprüngliche Bedeutung wird bereits nicht mehr erwähnt, denn nach Abschluß der Landestriangulationen und der damit einhergehenden Festlegung übergreifender Koordinatensysteme hatte die Verlochsteinung nur noch geringe Bedeutung.

Wahrscheinlich erfolgte die letzte Verlochsteinung im Ruhrgebiet bereits deutlich vor der Wende zum 20. Jahrhundert – rund 100 Jahre vor dem endgültigen Verschwinden der entsprechenden Rechtsvorschrift aus dem Bergrecht.

Rechtsgrundlagen:
Die Regelung des Bergbaus erfolgte bis in die Neuzeit hinein im wesentlichen über lokale Satzungen und Ordnungen bzw. durch Gewohnheitsrecht. Auch für die Grafschaft Mark wurde erst am 27. April 1542 eine Bergordnung erlassen, erstellt auf der Grundlage der Annaberger Bergordnung von 1509.
In Artikel 21 ist von Lochsteinen zur Abgrenzung verliehener Felder die Rede. Zuständig war der Bergmeister als Vertreter des Landesherrn. Das Verfahren der Verlochsteinung selbst wird allerdings als bekannt vorausgesetzt und nicht näher erläutert. So ist davon auszugehen, daß bereits vor Erlaß der ersten Bergordnung Lochsteine zur Markierung der Markscheiden gesetzt wurden, obwohl diesbezügliche Schriftstücke nicht vorliegen.

Nach dem Übergang der Grafschaft Mark an Brandenburg (Preußen) behielt die alte Bergordnung zunächst ihre Gültigkeit. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Bergaufsicht allerdings nur noch nachlässig wahrgenommen, die Felder weder vermessen, noch durch Lochsteine eindeutig festgelegt [16, S. 18].
Diese Zustände führten 1737 zum Erlaß einer vollkommen überarbeiteten „Renovierten Bergordnung“, in der unter anderem detailliertere Anweisungen für die Vermessung und Verlochsteinung enthalten sind.
Wenige Jahre später, 1766, erschien die „Revidierte Cleve-Märkische Bergordnung“. Darin wurde zum ersten Mal explizit auf den Zwang zur Vermessung und Verlochsteinung des verliehenen Feldes hingewiesen (Caput VIII § 3 i.V.m. Caput IX). Zuständig war die Bergbehörde.

Im alten Bergrecht hatten die Lochsteine grundsätzlich rechtsbegründende Wirkung bezüglich der Grubenfelder [30, S. 116]; sie waren als „unverwerfliche Beweise der festgesetzten Gränze“ anzusehen [22, S. 159].

Bei der Abfassung des Allgemeinen Berggesetzes (ABG) in der Mitte des 19. Jahrhunderts (1865) sah man die Verpflichtung zur Verlochsteinung nicht mehr als notwendig an und stellte deren praktischen Wert bei Längenfeldern ganz in Zweifel [27, S. 119]. So wurde lediglich die Möglichkeit einer deklaratorischen Vermessung und Verlochsteinung unter Aufsicht der Bergbehörde ins ABG aufgenommen (Vom Vermessen, §§ 39, 40 ABG).
Gemäß § 39 ABG konnten Bergwerkseigentümer und Feldesnachbarn die Vermessung beantragen, die unter Aufsicht der Bergbehörde durch einen konzessionierten Markscheider oder Feldmesser ausgeführt wurde. Die Grundbesitzer der Grundstücke, auf denen die Lochsteine gesetzt werden sollten, wurden zugezogen, eventuelle Schäden ersetzt.
Diese Vermessung hatte nur deklaratorische Bedeutung und nicht mehr die Wirkung einer behördlichen Grenzregulierung, wie dies nach den Bergordnungen der Fall gewesen war. Streitfragen hinsichtlich der Markscheide konnten nur gerichtlich geklärt werden [18, 20, 25].

Für die auf der Grundlage des ABG verliehenen großen Geviertfelder hat eine Verlochsteinung in nennenswertem Umfang sicher nicht stattgefunden. Bereits in der „Geschäftsanweisung für die konzessionierten Markscheider im Oberbergamtsbezirk Dortmund“ vom 14. Mai 1887 [15, S. 43ff.] wurde die erfolgte Entwicklung der Vermessungstechnik berücksichtigt. So war für die Mutungs- Situations- und Verleihungsrisse gemäߧ 26 i.V.m. § 21 ein Koordinatensystem vorgeschrieben. Die Lochsteine bzw. Feldeseckpunkte waren hierin lagerichtig einzutragen und deren (evtl. örtliche) Koordinaten dem Oberbergamt mitzuteilen (§ 22).
Eine Verfügung des Oberbergamtes vom 29. November 1888 forderte darüber hinaus die gleichzeitige koordinative Bestimmung derjenigen Festpunkte, von denen aus die Koordinaten der Lochsteine oder Feldesecken bestimmt worden waren. Spätestens mit dieser Verfügung hatte die Verlochsteinung keine Bedeutung mehr, da die Feldeseckpunkte bei lagerichtiger Darstellung im Tageriß von allen Berechtigten im Gelände genau lokalisiert werden konnten.
Damit muß auch den gängigen ABG-Kommentaren widersprochen werden, die sämtlich die Meinung vertreten, daß die Verlochsteinung erst mit der preußischen Markscheiderordnung von 1923 ihre Bedeutung verlor, in der die Angabe von Landeskoordinaten für die Feldeseckpunkte obligatorisch wurde.
Obwohl theoretisch bis 1981 eine Verlochsteinung hätte beantragt werden können, ist es aus den genannten Gründen wenig wahrscheinlich, daß im letzten Jahrhundert noch Lochsteine gesetzt wurden.

Durch das Gesetz zur Bereinigung der Längenfelder vom 1. Juni 1954 wurden die verbliebenen Längenfelder in Geviertfelder umgewandelt oder Geviertfeldern zugeschlagen. Da der größte Teil der noch vorhandenen Lochsteine im Rahmen von Längenfeldverleihungen gesetzt worden war, verloren die meisten nun wegen des Fortfalls der jeweiligen Markscheiden ihre Funktion. Der Verbleib der Lochsteine wurde im Gesetz nicht geregelt.
Mit Inkrafttreten des Bundesberggesetzes am 1. Januar 1982 verschwanden die Lochsteine endgültig aus dem Bergrecht.

Denkmalschutz:
Lochsteine sind gemäß § 2 Abs. 1 DSchG zu den Denkmälern zu zählen und unterliegen seit 1980 den Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes, wenn sie in die Denkmalliste nach§ 3 DSchG eingetragen sind. Dabei ist es unerheblich, ob die markierte Grenze noch besteht. Eine Zustimmung des Eigentümers zur Eintragung und Unterschutzstellung ist nicht erforderlich.

Obwohl ein Lochstein an sich transportabel ist, erfüllt er seine eigentliche Funktion nur an einem genau bestimmten Ort und verliert durch die Entfernung einen beträchtlichen Teil seines historischen Wertes. Zu ihm gehören ferner die vergrabenen Testes und Zeugen. Diejenigen Lochsteine, die noch an ihrem ursprünglichen Platz stehen, sind damit ortsfest und nicht beweglich im Sinne des § 2 Abs. 4 DSchG.
Die Zuordnung zu Baudenkmälern (§ 2 Abs. 2 DSchG) der ortsfesten Boden­denkmälern (§ 2 Abs. 5 DSchG) ist dagegen schwierig, für den Schutz aber nicht wesentlich. Bei der Bezirksregierung Arnsberg hat man sich dafür entschieden, historische denkmalwürdige Grenzsteine als Baudenkmäler zu führen.
Eingetragene Denkmäler sind zu erhalten, ihre Beseitigung bzw. Verbringung bedarf einer Erlaubnis (§§ 7, 8, 9 DSchG). Die Erhaltung von Lochsteinen wird dabei im Regelfall zumutbar sein.
Falls zwischenzeitlich verborgene Lochsteine entdeckt werden, so dürften für diese die Regelungen für die Entdeckung von Bodendenkmälern gelten (§§ 15, 16 DSchG).

Abschließend noch eine Strafrechtliche Betrachtung:
Als wesentliches oder sogar einziges Dokument zur Darstellung der Feldes- grenzen genossen die Lochsteine in den früheren Rechtsordnungen den Schutz drakonischer Strafen [23, S. 266; 29, S. 264].
Eine „exemplarische“ Bestrafung sieht die Cleve-Märkische Bergordnung von 1737 für das Entfernen oder Verrücken von Lochsteinen vor (Caput 10, § 5).
Mit der Verordnung des preußischen Strafgesetzbuches 1851 wurde das Delikt der Veränderung einer Grenzbezeichnung ins Strafrecht aufgenommen. Seit Inkrafttreten des Strafgesetzbuches (StGB) im Jahre 1871 hat sich – bis auf das Strafmaß – am Wortlaut der entsprechenden Vorschrift nichts geändert:

§ 274 Abs. 1
Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. /…/
2. /…/
3. einen Grenzstein oder ein anderes zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes bestimmtes Merkmal in der Absicht, einem anderen einen Nachteil zuzufügen, wegnimmt, vernichtet, unkenntlich macht, verrückt oder fälschlich setzt.

Ein Lochstein ist ein „zur Bezeichnung einer Grenze bestimmtes Merkmal“ im Sinne des StGB und wird daher durch diese Vorschrift geschützt [31, S. 86].
Diese Meinung wird ebenfalls von den älteren ABG-Kommentaren vertreten (z.B. [18, 25]). Anscheinend wurden die Lochsteine aber auch nach dem wei­testgehenden Verlust ihrer einstigen Bedeutung Ende des 19. Jahrhunderts nicht als wertlos angesehen, denn in den späteren Kommentaren zum ABG (zuletzt 1962 [26]) wurde immer wieder auf die strafrechtlichen Schutzvorschrif­ten hingewiesen. Rechtsprechung zum Thema ist nicht bekannt.
Heute ist der § 27 4 Abs. 1 StGB kaum mehr auf Lochsteine anwendbar. Die Felder, die bis zur Mitte des vergangenen Jahrhunderts verliehen und verloch­steint wurden, sind heute überwiegend in größeren Feldern konsolidiert bzw. aufgegeben oder erloschen – die Grenzen existieren kaum noch. Auch das Tat­bestandsmerkmal der Absicht, einem anderen Nachteil hinsichtlich der Feldes­grenze zuzufügen, ist bei Wegnahme eines Lochsteines heute in der Regel auszuschließen.
Ein strafrechtlicher Schutz der Lochsteine gegen Wegnahme könnte sich heute – dem geänderten Grund für die Wegnahme entsprechend – höchstens aus dem § 246 StGB (Unterschlagung) ergeben, analog zur Rechtsprechung bezüglich der Entfernung historischer Grenzsteine.

Die vielfach geäußerte Vermutung, das Eigentum an einem Lochstein würde dem Eigentümer des Grundstückes, auf dem derselbe steht, zustehen, wird anhand der Berggesetze und Rechtsprechung widerlegt.
Aufgrund ihrer Setzung im Rahmen eines hoheitlichen Aktes unter Aufsicht der Bergbehörde und ihrer anfänglich rechtsbegründenden Wirkung wird das Eigen­tum an Lochsteinen dem Staat zugeschrieben. Aus öffentlichem Interesse hat der Staat weiterhin ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Eigentums an Lochsteinen, wenn diese noch bestehende Markscheiden markieren oder aus haftungsrechtlichen Gründen von Bedeutung sind.
Eine rechtmäßige Ersitzung von Lochsteinen könnte möglich sein, wenn sie wegen der Konsolidation oder Erlöschung von Feldern, wegen des Tausches von Feldesteilen oder wegen Überdeckung durch ein neues Feld keine Bedeutung mehr haben.
Ein umfassender Schutz der letzten noch vor­handenen Lochsteine ist somit über die Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes gegeben. Falls einem Grundeigentümer tatsächlich das Eigentum an einem Lochstein über Ersitzung zugefallen sein sollte, so ist der Stein gegen Entfer­nung geschützt.

Uwe Peise im Januar 2021

Quellen:
Rechtsvorschriften und Sammelwerke

[1] Allgemeines Berggesetz für die Preussischen Staaten vom 24. Juni 1865. Zeitschrift für Bergrecht 6 (1865), S. 235 – 286.
[2] Allgemeines Berggesetz vom 24.-Juni 1865 in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des in Nordrhein-Westfalen geltenden preußischen Rechts vom 7. November 1961 (GV. NW. S. 325).
[3] Bergordnung des Herzogs Wilhelm zu Jülich, Geldern; Kleve etc.
vom 27. April 1542. In [13, S. 93].
[4] Bundesberggesetz (BBer9G) vom 13. August 1980 (BGBI. 1 S. 1310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 6. Juni 1994 (BGBI. 1 S. 1170).
[5] Bürgertiches Gesetzbuch vom 18. August 1􀀃96 (RGBI. S. 195), zuletzt geändert durch G. vom 5. Oktober 1994 (BGBI. 1 S. 2911)
[6] Dienstinstruction für die Revierbeamten des Königlichen Oberbergamtes zu Dortmund vom 01. März 1866. Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preussischen Staate 14 (1866), S. 71 – 98.
[7] Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche vom 18. August 1896 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBI. 1 S. 2494), zuletzt geändert durch G. vom 5. Oktober 1994 (BGBI. 1 S. 2911).
[8] Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im lande Nordrhein- Westfalen (Denkmalschutzgesetz – DSchG) vom 11. März 1980 (GV. MW. 1980, S. 226, ber. 716), zuletzt geändert durch EEG NW vom 20.06.1989.
[9] Gesetz zur Bereinigung der Längenfelder vom 1. Juni 1954 (GS NW S. 700).
[10] Markscheiderordnung vo􀀧 23. März 192􀀩. Zeitschrift für Bergrecht 65 (1924) S. 184 – 215.
[11] Renovierte Bergordnung für die Grafschaft Marck vom 18. Juli 1737. In [13, S. 1177].
[12] Revidierte Berg-Ordnung für das Herzogthum Cleve, Fürstenthum Meurs, und für.die Grafschaft Mark. Sub dato-Ber1in, den 29sten April 1766.
In: Brassert, Hermann (Hg.): Berg-Ordnungen der Preußischen lande. Köln: F. C. Eisen, 1858.
[13] Scotti, J. J.: Sammlung der Gesetze und Verordnungen welche in dem Herzogthum Cleve und in der Graffschaft Mark[ … ] ergangen sind. Erster und Zweiter Theil. Düsseldorf: Wolf, 1826.
[14] Strafgesetzbuch (StGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom März 1987 (BGBI. 1. S. 945, ber. S. 1160), zuletzt geändert durch GÜG vom 07.10.1994.
[15] Vorschriften für die Markscheider im Oberbergamtsbezirk Dortmund.
Dortmund: Bellmann, o.J. (ca. 1901)

Kommentare und juristische Fachliteratur:
[16] Achenbach, H.: Geschichte der Cleve-Märkischen Berggesetzgebung und Bergverwaltung. Ber1in: Ernst & Korn, 1869
[17] Amdt, Adolf: Allgemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten. 8 Auflage. Freiburg: Bielefeld, 1914.
[18] Brassert, Hermann: Allgemeines Berggesetz für die Preußischen Staaten mit Kommentar. Zweite Auflage, bearbeitet von Hans Gottschalk. Bonn: Marcus & Weber, 1914.
[19] Cramer, Peter in: Schönke, Adolf und Horst Schröder: Strafgesetzbuch. Kommentar. 23, neubearbeitete Auflage v. Th. Lenckner u.a . München: C.H. Beck, 1988.
[20] Ebel, Herbert und Herbert Weller: Allgemeines ·Berggesetz (ABG) vom Juni 1865 mit Erläuterungen. 2. neubearbeit􀁆te Auflage. Berlin: de Gruyter, 1963.
[21] Ennecerus, Ludwig, Theodor Kipp und Martin Wolff: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Dritter Band:. Sachenrecht. Zehnte Bearbeitung von Martin Wolff und Ludwig Raiser. Tübingen: Mohr; 1957.
[22] Hake, Christian Heinrich Gottlieb: Commentar über das Bergrecht.
Sulzbach: Seidel, 1823.
[23] Herttwig, Christoph: Neues und vollkommenes Berg-Buch. Dreßden und Leipzig: Johann Christoph Zimmermann, 1710.
[24] Karsten, C. J .B: Grundriss der deutschen Bergrechtslehre. Berlin: Haude und Spener, 1828.
[25] Klostermann, R.: Allgemeines Bergesetz für die Preußischen Staaten nebst Einleitung und Kommentar. 4. Auflage. Berlin: J. Gutte
[26] Miesbach, Hermann und Dieter Engelhardt: Bergrecht. Kommentar zu den Landesberggesetzen. Berlin: Schweitzer, 1962.
[27] Motive zu dem Entwurfe eines Allgemeinen Berggesetzes für die Preußi­schen Staat􀁑n. Zeitschrift für Bergrecht 6 (1865), S. 55 – 232.
[28] Span, Sebastian: Sechshundert Berg-Urthel
Wolfenbüttel: Paul Weissen, 1673.
[29] Span, Sebastian: Speculum luris Metallici. Berg-Rechts-Spiegel. Dresden: Winkler, 1698.
[30] Voelkel, Cart Grundzüge des preußischen Bergrechts.
Berlin: Guttentag, 1914.
[31] Zint, Hans: Urkundenunterdrückung und Grenzfrevel in § 274 des Strafgesetzbuchs. Strafrechtliche Abhandlungen (begr. von Hans Bennecke), Heft 58. Breslau: Schletter, 1904.

Sonstige Literatur:
[32] Clauß, Herbert: Das Erbbereiten. Der Anschnitt 10 (1958), Heft 2, S: 8 – 16.
[33] Dennert, Herbert: Die Lochsteine auf dem Festenburg-Schulenberger Erz­gang im Oberharz. Der Anschnitt 24 (1972) Heft 6, S. 12 – 17.
[34] Domke, A.: Sind historische Grenzsteine ohne Schutz? In: Nachrichten
aus dem Öffentlichen Vermessungsdienst (NÖV) 3/1979, S. 217.1
[35] Hentschel, Kar1-Heinz: Grenzzeichen, Untergänger und „Geheime
Zeugen“. Hierzuland 3 (1988) Heft 1, Karlsruhe: INFO-Verlag.
[36] Hentschel, Kart-Heinz: schriftl. Mitteilung vom 31.01.95.
[37] Pfläging, Kurt: Die Wiege des Ruhrkohlenbergbaus. 3: Auflage. Essen: Glückauf, 1980.
[38] Schultze-Gebhardt, Erich: Besiedlung und Industrie zwischen Ruhr und Wupper. Sprockhövel: Heimat- und Geschichtsverein, 1980
[39] Stadt Sprockhövel, Stadtdirektor: Die Spur der Kohle. Route 1. Sprockhövel, 1994.
[40] Uhlich, P.: Lehrbuch der Markscheidekunde.
Freiberg: Craz und Gertach, 1901.
[41] Veith, Hermann: Deutsches Bergwörterbuch. Breslau: Korn, 1871.
[42] Wilski, P.: Lehrbuch der Markscheidekunde. Erster Teil.
Berlin: Springer, 1929 .